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Fünf POS-Empowerment-Hacks | Mind Lab Connect #7
Eine der großen Herausforderungen in nahezu jeder Markenzentrale: Wie die POS dazu bringen, zentral bereitgestellte Marketingmaterialien zu nutzen, an Kampagnen teilzunehmen und ein vorhandenes Marketingportal (mehr) zu nutzen? Also wir hätten da ein paar Vorschläge!
Impulsgeberin im 7. Mind Lab Connect im Jahr 2022 war unsere aCEO Susann Mürling. Susann vertritt 22 Jahre Unternehmensgeschichte im Bereich POS-Marketing, über 25.000 ausgewertete Feedbacks und mehr als 400 Stunden Observation direkt am Point of Sale (POS). Aus diesem Erfahrungsschatz hat sie fünf konkrete Handlungsfelder destilliert, die jede und jeder Marketingverantwortliche in seinem Werkzeugkasten haben sollte:
1. Kenn deine Zielgruppe.
Kling trivial, ist aber im Dreiecksgespann aus Markenzentrale, Point of Sale und Endkundinnen beziehungsweise -kunden oftmals gar nicht so leicht zu umreißen. Immerhin sitzen in der Markenzentrale Marken- aber auch Kampagnenverantwortliche (oft mit Agenturunterstützung im Hintergrund), am POS teilen sich Entscheiderinnen und Mitarbeiter die Marketingthemen – und bei den Kundinnen und Kunden ist es längst nicht mehr ausreichend, nur von einer einzelnen Zielgruppe auszugehen.
Schieb das alles mal beiseite und fokussiere dich auf die beiden, denen du von der Zentrale aus das Leben vereinfachen musst: die Person, die lokal am POS die Entscheidungen trifft, und die, die sie dann umsetzt. Diese beiden musst du mitnehmen, überzeugen, motivieren und manchmal auch ein bisschen umwerben. Denn sie sind es, die a) deine Kampagnen am Ende des Tages auf die Straße bringen und b) dir wertvolles Feedback durchreichen können, sowohl vom Markt als auch vom POS selbst.
Schlüpf am besten von Zeit zu Zeit mal in die Schuhe deiner Zielgruppe – und wenn es nur für eine Woche im Jahr ist. An dieser Stelle sind einige nickende Mind-Lab-Connect-Besucher zu sehen, die selbst in der Vergangenheit schon an der Kasse im Handverkauf gestanden waren. So ein „Mikro-Praktikum“ sorgt für viel gegenseitiges Verständnis und stärkt so auch das Wir-ziehen-alle-am-selben-Strang-Gefühl. Danach hast du vielleicht einen oder mehrere Verbündete direkt am POS – und das ist ganz schön viel wert.
2. Gib klare Empfehlungen.
Hast du deine Zielgruppe in 1. gut kennengelernt, ist ein wichtiger Schritt geschafft – nun ist es deine Aufgabe, sie mit allem zu unterstützen, was du im Köcher hast. Unter anderem auch mit Empfehlungen zur Höhe des Marketingbudgets, das die POS idealerweise aufwenden sollten; es schwankt je nach Branche zwischen 0,4 und 1,5 Prozent des Umsatzes. Das ist aber erst der Anfang: Erst wenn du auch Customer Acquisition Costs (CAC) und den Customer Lifetime Value (CLV) berechnet und weitergegeben hast, ist der POS in der Lage, sinnvolle Marketingentscheidungen zu treffen.
3. Schaff Messbarkeit.
Wir sind im Jahr 2022 angelangt – und bei der Erkenntnis: Daten sind unsere Freunde. „Jedes Werbemittel ist messbar!“, sagt Susann. Nicht nur im Digitalen, sondern auch im analogen Bereich lassen sich gute KPI und Näherungswerte finden, die für zukünftige Entscheidungen wertvollen Nutzen stiften.
Um das aus der Theorie und einem Zustand ziellosen Datensammelns in handlungsleitende Erkenntnisse zu überführen, braucht es für jede Kampagne und jedes Werbemittel eine Nachbetrachtung. Das ist in einer dezentralen Marken- und Vertriebsstruktur Aufgabe der Markenzentralen. Klar, denn dort können punktuell gesammelte Ergebnisse zusammengeführt und ausgewertet sowie schließlich dann als Learning an alle weiterverteilt werden.
4. Stell Ziele statt Kanäle in den Fokus.
Marketingkanäle gibt es viele. Tendenz: steigend. Die Wahrscheinlichkeit ist demnach hoch, dass weder am POS noch in der Zentrale jemand sitzt, die oder der diese Vielzahl an Kanälen als Allrounder professionell bespielt. Die gute Nachricht: Das braucht es auch gar nicht – und überhaupt ist es eher hinderlich, vom Kanal aus zu denken. Stell dir lieber typische Customer Journeys vor, und darin die Touchpoints, an denen Kaufinteressierte mit deiner Marke in Berührung kommen. Das legst du übereinander mit den Zielen, die du erreichen willst ... und voilà, schon hast du eine sinnvolle, zielorientierte Kanalauswahl getroffen!
5. Etablier einen (und nur einen!) Kanal in Richtung deiner POS.
Die Zeit, die deine Points of Sale für Marketing zur Verfügung haben, ist begrenzt. Manchmal auch sehr begrenzt. Darum ist es wichtig, einen und am besten nur einen Kommunikationskanal in Richtung deiner Marketingpartner zu pflegen. Sie müssen alles Marketingrelevante in einem System und aus einer Hand vorfinden – und idealerweise auch in der Zentrale genau eine Ansprechperson haben. Alles andere kostet unnötig Zeit und Fokus, und führt ultimativ zu Infoflut, widersprüchlichen Aussagen und viel Verdruss auf beiden Seiten.
Nachspiel
Wie immer beim Mind Lab Connect gab es nach dem Impulsvortrag noch Zeit für Fragen und Diskussion. Und die wurde sehr rege genutzt. Der allgemeine Tenor: Susanns fünf Erkenntnisse sind zwar für die Meisten nicht komplett neu, aber trotzdem hakt es manchmal in der Zusammenarbeit zwischen Markenzentrale und POS. Eine der großen Herausforderungen: Kommunikation. Dabei ist es nicht so, dass die Parteien nicht miteinander sprechen, sondern vielmehr, dass sie sich nicht immer verstehen: Die Zentrale denkt in Kampagnen, hat das "Big Picture" vor Augen und einen klaren Fahrplan. Der POS hat (oft) eine Person, die Marketing nur in Teilzeit nebenher macht und ihren Fokus zwischen vielen Tätigkeiten wechselt. Naheliegend also, dass sie pragmatische Ansätze und klare Kommunikation braucht; ihr fehlt allein oft die Zeit, sich mit den großen Plänen hinter einzelnen Werbemitteln auseinanderzusetzen. Verständnis, partnerschaftliches Marketing, gemeinsame Ziele – starke Worte und schöne Ideen, mit in der Realität meist nicht viel Substanz.
Wie lässt sich das ändern? Dazu teilt ein Besucher der Veranstaltung seine Erfahrungen mit der Gruppe: Er sieht einerseits die Gefahr, dass wir die POS unterschätzen, andererseits müssen Werbeaktionen aber auch so geplant und aufbereitet werden, dass jeder Verkäufer und jede Verkäuferin sie am Ende auch versteht und umsetzt. Hier den richtigen Grat zwischen Komplexität und Einfachheit zu finden, ist nicht immer leicht. Ein anderer Teilnehmer teilt eine Anekdote dazu, wie er mal aus Personalnot heraus quasi die Seiten gewechselt und im Verkauf mit angepackt hat. „Das hat das Verhältnis zu den Mitarbeitenden komplett verändert". Er erhielt dadurch viel mehr Verständnis für die täglichen Herausforderungen an der Ladentheke; außerdem fassten die Kolleginnen und Kollegen mehr Vertrauen, weil sie von da ab wussten, dass da einer ist, der sie versteht und der auch mal mit anpackt.
Die Teilnehmenden gehen am Ende vor allem mit dem Impuls nach Hause, mehr Austausch mit ihren POS zu suchen. Transparenz, Kommunikation, Verständnis – das sind die wahrscheinlich größten Hebel zu mehr #Empowerment am POS. Hoffentlich sehen wir den Einen oder die Andere beim nächsten Mind Lab Connect wieder und können darüber fachsimpeln, was in der Zwischenzeit gut funktioniert hat und was vielleicht nicht.
Über die Autorin oder den Autor:
Als Texter, Podcaster und Online-Marketer findet man Jürgen sowohl vor als auch hinter den Kulissen, wenn es um unsere Außenkommunikation geht. Der Beinahe-Digital-Native treibt außerdem die Themen Personal Branding und Corporate Influencing voran. Mehr über Jürgen.