Während ich bei dem Thema die Hand an meiner eigenen Nase habe, engagiert sich Max Balbach, Gründer und Co-CEO der Münchner Media-Buchungsplattform und Mediaberatung crossvertise, in seinen Kundenprojekten und weit darüber hinaus, mehr Datenkompetenz in hiesige Marketingabteilungen zu bringen.
„Aber wir kriegen die Daten gar nicht von unseren Partnern!“, hört Max dabei immer wieder als Rechtfertigung. Oder: „Wir haben nicht die richtigen Systeme, das alles zu messen.“ Und ganz oft stimmt das auch: Nur wenige Unternehmen haben eine vollautomatisierte Erfassung und Auswertung aller wichtigen Marketing-KPI. Zumindest nicht, wenn sie nicht vorher sehr viel Arbeit und/oder Geld investiert haben. Max lässt derartige Ausreden trotzdem nicht gelten. In seinem Impulsvortrag im 4. Mind Lab Connect und in der offenen Runde danach erklärte er, auf welche fünf KPI sich Unternehmen am ehesten konzentrieren sollten – und wie sie diese messen, selbst wenn die Datenlage nicht perfekt ist.
Doch auch wenn Max den Anwesenden eine vermeintlich einfache Formel präsentierte, ist die Realität wie immer etwas komplizierter: Jedes Unternehmen, jedes Geschäftsmodell und jedes Produkt ist einzigartig. Dementsprechend sind Customer Journeys schwer von einem Unternehmen auf ein anderes zu übertragen; und das Gleiche gilt im Grunde auch für alle relevanten KPI. „Jedes Geschäftsmodell hat eine eigene Währung für Erfolg“, sagt Max – und so muss auch jedes Unternehmen seine ganz eigene Schneise durch den dicht wuchernden Datendschungel schlagen. Und noch ein Satz aus dem Vortrag blieb hängen: „Es gibt nicht DIE EINE Conversion.“ Stattdessen gibt es an jedem Übergabepunkt in der Customer Journey JEWEILS EINE Conversion. Überall dort, wo Interessentinnen und Interessenten zur nächsten Phase wechseln, sollten wir als Marketer ganz genau hinsehen. Und dann anfangen zu messen. Wenn wir einen Wert nicht direkt erfassen können, greifen wir eben zu einem Proxy-Wert, also einer vereinfachten Repräsentation, die sich gut bestimmen oder wenigstens halbwegs treffend annehmen lässt.
Keine Sorge, falls das bis hier alles ziemlich abstrakt klingt. Es wird klarer, sobald wir uns das an einem konkreten Beispiel anschauen: Max stellte uns dazu eine typische Customer Journey am Beispiel seines Unternehmens crossvertise vor. Nicht mit echten Zahlen natürlich; aber mit welchen, die nahe genug an der Realität sind, um das Modell zu verstehen:
Eine potenzielle Kundin wird auf das Unternehmen und dessen Angebot aufmerksam – zum Beispiel durch eine Anzeige in einer Suchmaschine. Die erste Conversion schließt sie ab, indem sie sich von der Anzeige aus zur Unternehmenswebseite weiterklickt. Dort führt sie dann idealerweise eine Handlung aus. Sagen wir, sie lädt sich ein PDF zum Thema Marketing-KPI herunter. Der nächste Schritt und damit auch die nächste Conversion wäre eine Kontaktaufnahme zum Sales-Team. Dazu füllt unsere Interessentin das Anfrageformular auf der Seite aus. Diese unmittelbare Verkaufschance endet im Bestfall nach einer letzten Conversion mit der Buchung eines Kinowerbespots.
Diese beispielhafte Kundenreise nutzte Max im Anschluss, um die wichtigsten KPI zu identifizieren und mit praktischen Tipps in eine Kalkulation zu überführen, aus der wir künftig gezielt Handlungsanweisungen ableiten können. Die Rechnung startet er dabei nicht am Anfang, sondern am Ende der Journey:
CLV = durchschnittlicher Warenkorbwert x durchschnittliche Marge x durchschnittliche Anzahl Käufe über die Lebensdauer = zum Beispiel 2.500,– €
CAC = 33 % x CLV = im Beispiel, gerundet 800 €
=> daraus leitet sich ein Marketing Spend ab von 400 € (und 400 € für Personalkosten)
CpL = 10 % x Marketing Spend = 10 % x 50 % x CAC = im Beispiel 40 €
CpC = 2,5 % x CpL = im Beispiel 1 €
TKP = 0,5 % x CpC = im Beispiel 5 €
=> oder auf einzelne Personen runtergerechnet: 0,005 €
Du kannst diese Formel nicht einfach hernehmen und unverändert in dein Geschäftsmodell übertragen. Aber du kannst das Vorgehen kopieren, fehlende Werte mit Annahmen oder Benchmarks aus deiner Branche verbinden und anfangen, Daten zu sammeln und über die Zeit (und Marketingaktionen) hinweg miteinander zu vergleichen. Du wirst dann recht schnell merken, dass die Gewichtungen bei dir anders sind. Es spielt zum Beispiel eine große Rolle, ob du C-Artikel im einstelligen Euro-Bereich an Einmal-Kunden verkaufst. Oder ob du ein Software-as-a-Service-Modell anbietest, bei dem dir Unternehmen über viele Jahre hinweg mehrere Tausend Euro pro Monat überweisen. Im ersten Fall sollten deine Acquisition Costs (CAC) gegen 0 tendieren, wohingegen sie im zweiten Fall auch locker drei- oder vierstellig sein dürfen. Den Wert einer solchen Kundenbindung allerdings exakt zu bemessen, ist und bleibt auch nach dem Talk eine Herausforderung. Einige praktische Hacks zum Thema Kundenbindung gab es übrigens auch im vergangenen Mind Lab Connect, in dem die großartige Nicole Kobjoll vom Hotel Schindlerhof erklärte, dass Kundenbindung heute nicht mehr ausreicht – und unser Ziel deshalb stets die Kundenbegeisterung sein sollte.
Wahnsinn, was ein guter Impulsgeber in kurzer Zeit vermitteln kann – und in der Nachspielzeit des Mind Lab Connect #4 blieb dann sogar noch Luft, um sich um individuelle Fragen zu kümmern, mit Max auf LinkedIn zu vernetzen und zu einem eingehenderen Gespräch bei KPI und Pizza zu verabreden.
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Als Texter, Podcaster und Online-Marketer findet man Jürgen sowohl vor als auch hinter den Kulissen, wenn es um unsere Außenkommunikation geht. Der Beinahe-Digital-Native treibt außerdem die Themen Personal Branding und Corporate Influencing voran. Mehr über Jürgen.
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